Barbara Dietloff

Johannas Erbe

Flucht einer Hugenottenfamilie nach Nordhessen


Der Fluss glänzte im Nachmittagslicht und die Sonne wärmte schon frühlingshaft angenehm. Die Mädchen waren aneinander gekuschelt beim gleichmäßigen Ruckeln des Wagens eingeschlafen. Jean fuhr ein flottes Tempo, die anderen Wagen waren nicht mehr zu sehen.
„He, anhalten! Sofort!“, tönte eine laute Männerstimme. Madeleine schreckte auf und augenblicklich bremste der Wagen so stark, dass die beiden Mädchen aus ihrer Strohkuhle geschleudert wurden und vor Schreck aufschrien.
„Her mit dem Geld!“ Das war die gleiche barsche Stimme. Als Madeleine nach vorn schaute, blitzte ein Schwert in der Sonne und sie sah Pierre vom Kutschbock springen. Jean saß wie versteinert und hielt verkrampft die Zügel in der Hand.
„Pierre!“, schrie Madeleine, „nicht!“ Sie sprang in einem Satz vom Wagen und fasste nach dem kleinen Dolch, den sie immer in ihrem Strumpf trug, um sich zu vergewissern, dass er noch da war. Jean hatte mit der Peitsche ausgeholt und bereits einen der Räuber von oben niedergestreckt. Pierre hielt den zweiten Räuber im Schwitzkasten und versuchte mit dem Fuß, ihm das Schwert aus der Hand zu schlagen.
Aber der andere war weitaus kräftiger, wand sich heraus, holte aus und schlug zu. Pierre schrie auf, hielt sich das rechte Bein und sank zu Boden. In diesem Moment schrie Madeleine: „He! Was soll das?“ Der Räuber drehte sich herum, fasste sein Schwert und hielt es vor ihre Augen. „Was haben wir denn da für ein hübsches Kind?“, grinste er. Madeleine duckte sich und tauchte unter dem Schwert weg. In diesem Moment krachte ein Schuss. Jean hatte blitzschnell das Gewehr, das immer neben ihm stand, geladen. Offensichtlich hatte das Geschoss den anderen Räuber gestreift, der sich nach dem Peitschenhieb gerade wieder aufrappelte. Er humpelte mit schmerzverzerrtem Gesicht in den Wald hinein.


Nachts hatte es ein Gewitter gegeben und nun rauschten in kurzen Abständen immer wieder starke Regenschauer vom Himmel.
Johanna saß, in einen schweren Umhang gehüllt, neben dem alten Knecht Heinrich auf dem Kutschbock und das Fuhrwerk rumpelte über den steinigen Waldweg. Hinter ihr schaukelte die Kiepe mit dem Leinzeug, in ein gewachstes Tuch gehüllt, auf der Ladefläche.
Sie blickte verträumt in den grauen Himmel und dachte an den wunderbaren Moment gestern auf der Wiese. Sie musste Fritz aus ihren Träumen verdrängen. Der Vater würde es niemals dulden. Aber diese himmelblauen Augen gingen Johanna nicht aus dem Kopf.
„So, Johanna, den Rest wirst du zu Fuß gehen müssen“, sagte Heinrich und hielt in Helsa vor dem Brunnen an.
Gerade hatte es aufgehört zu regnen und Heinrich half ihr, die schwere Kiepe auf den Rücken zu heben und den Umhang darüber zu ziehen.
„Danke, Heinrich, bis heute Abend", entgegnete sie und schlug den Weg im Tal entlang nach Kaufungen ein.
Für einen kurzen Moment kam die Sonne heraus und die Wiesen glitzerten im Morgenlicht.
Gedankenverloren ging Johanna den Wiesenweg entlang, lächelte, dachte an Fritz und nahm gar nicht wahr, dass immer mehr Leute auf dem Weg erschienen.
Heute war Markttag in Kaufungen und die Bauern aus der Umgebung waren mit Kiepen und Karren unterwegs.
Auch Johanna hatte von der Mutter den Auftrag, auf dem Rückweg einiges vom Markt mitzubringen.
Sie schlängelte sich mit ihrer schweren Kiepe durch die vielen Menschen, die in Kaufungen unterwegs waren, bis sie vor den hohen Mauern des Stiftshofes stand.
Der Wachmann pfiff leise durch die Zähne.
„Na, was haben wir denn da für ein schönes Kind, hast du nicht bei mir noch Schulden zu begleichen?“, meinte er anzüglich grinsend und fasste sie am Arm.
„Lass mich in Ruhe, sonst schreie ich", rief sie, riss sich los und lief schnellen Schrittes über den Hof und öffnete die schwere Eichentür zur Rentei.



Santiago, ich komme!


Wie alles anfing
Ich hatte eigentlich gar nicht vor zu pilgern. Ich habe das Buch „Ich bin dann mal weg!“ von Hape Kerkeling gelesen, fand es auch schön geschrieben. Aber es weckte in mir nicht den Wunsch, den „Jakobsweg“ zu laufen. Gewandert bin ich mit meiner Frau schon immer.
Irgendwann haben wir dann über eine längere Wanderung diskutiert, weil wir nicht mehr im Kreis laufen wollten. Wobei die Aussage: „Nicht immer im Kreis laufen!“ rückblickend treffender war, als ich das damals gedacht hatte.
Jedenfalls war meiner Frau dieser Gedanke nicht unangenehm. Und nach einigem Hin und Her sprach uns ihr Bruder an. „Was haltet ihr davon, bei mir in der Nähe von Augsburg los zu wandern, hier fängt einer der Jakobswege an?“ Inzwischen weiß ich, dass der Jakobsweg bei jedem vor der Haustür anfängt, aber damals hatte ich noch keine Ahnung.
 Der Gedanke ließ uns nicht mehr los. Und da es ja „Wandern mit Rückversicherung“ war, weil der Bruder meiner Frau uns immer hätte abholen können, konnte ja nicht viel passieren. Wie naiv, wenn ich heute überlege, was damit ins Rollen kam!
2009 war es dann so weit. Ich startete mit meiner Frau in Augsburg und lief mit ihr die 330 km bis zum Bodensee in etwa 12 Tagen. Das Wetter war meist gut und wir waren sehr oft alleine auf dem Weg. Es war also eigentlich nichts los. Wir hatten nur Zeit für uns, uns selbst.
Am Ende der Strecke hatte uns der „Jakobsvirus“ erfasst. Noch heute geht mir ein Bild nicht aus dem Kopf: Wir standen bei schönstem Sommerwetter am Ufer des Bodensees und schauten hinüber in die Schweiz. Da erhoben sich links von mir zwei Schwäne und flogen Richtung Schweiz. Ich hatte das starke Gefühl, dass sie mir zeigen wollten, dass mein Weg noch nicht zu Ende ist.
Inzwischen sind wir 2011 durch die Schweiz gelaufen und 2013, 2015, 2017 in drei Etappen durch Frankreich. Kurz vor der spanischen Grenze, in Navarrenx, sagte mir meine Frau, dass es ihr zwar leid täte, aber aus gesundheitlichen Gründen sei der Weg für sie hier zu Ende. Sie wisse aber genau, dass für mich der Weg noch nicht zu Ende sei. Ich bin sehr glücklich über dieses Geschenk, weil ich weiß, wie schwer meiner Frau die Entscheidung gefallen ist, so vernünftig sie auch war.
Im April 2019 habe ich mir nun vorgenommen den Rest des Jakobswegs am Stück zu Ende zu laufen, für uns beide. Ich habe mich aus mehreren Gründen für den „Camino del Norte“ entschieden.
Erstens habe ich immer wieder gehört, dass der „Camino Frances“ sehr überlaufen ist. Wenn ich pilgere, brauche ich keine Menschenmassen und ich möchte auch immer noch nicht in Massenherbergen schlafen, obwohl ich weiß, dass mich auch mein gewählter Weg nicht ganz davor verschonen wird.
Zweitens fotografiere ich sehr gern und ich hoffe, an der Nordküste Spaniens auf schöne Motive zu treffen.
Und drittens versuche ich, immer das zu machen, was nicht die Mehrheit macht!
So, jetzt ist aber Schluss mit der langen Vorrede, jetzt geht es los:
Ich gehe meinen Weg von Navarrenx nach Santiago.



Anreise
Heute ist es soweit. Es fühlt sich eigenartig an. Ich freue mich und ich habe Angst. Für die nächste Zeit werde ich ein ganz anderes Leben führen. Ich habe keine privaten Termine. Meine Frau, meine Familie, meine Freunde, der Chor, der Kirchenvorstand, das Dorf, alle müssen die nächste Zeit auf mich verzichten und ich auf sie.
Alle drücken mir die Daumen, alle wollen mal von Zeit zu Zeit ein Lebenszeichen von mir hören. Das ist schön, aber ich fühle auch eine Last. Ich kann nicht sagen: „Ach, ich habe es mir anders überlegt.“ Was ich auch nicht will, aber es fühlt sich so an.
Am Bahnhof möchte meine Frau nicht mit zum Bahnsteig. Ich glaube, sie will keine Tränen bei meiner Abreise. Also schultere ich meinen Rucksack und es geht los. Mit dem Zug von Kassel über Karlsruhe und Paris nach Pau.
In Paris muss ich umsteigen, mitten durch die Stadt muss ich vom Gare de l’Est zum Gare Montparnasse. Da ich noch zwei Stunden Zeit habe, laufe ich zu Fuß durch die Stadt anstatt die Metro zu nehmen. Kurz vor dem Bahnhof Montparnasse spricht mich eine Frau mit zwei Kindern an, ob ich Pilger wäre. Ich erkläre ihr mein Vorhaben, dass ich nämlich dort, wo wir aufgehört haben, in Navarrenx, wieder anfangen und über Irun auf den Camino del Norte will. Das Gespräch ist die erste Herausforderung in einer Fremdsprache. Die Französin spricht zum Glück Englisch und übersetzt fleißig für ihre Kinder ins Französische, was ich bis auf wenige Vokabeln überhaupt nicht beherrsche. Die Kinder hören gespannt zu und bewundern meine Aufmachung samt Pilgerstab und Rucksack.
Danach kaufe ich mir an einem Obststand einige Bananen, weil ich gar nichts mehr zu essen dabei habe. Und dann muss ich mich beeilen, sonst würde ich noch den Zug verpassen. Am Bahnsteig kontrolliert eine Bahnmitarbeiterin die Fahrkarten und stellt mir Fragen auf Französisch. Ich habe Glück: Die Frau, die hinter mir in der Schlange steht, spricht deutsch und hilft mir, noch den Zug zu erreichen. In dem Zug gibt es keinen Speisewagen, da kommen mir die in Paris gekauften Bananen gerade recht.
 Im Zug ist es langweilig. Alle Mitreisenden mit Laptops oder Büchern signalisieren mir, dass sie keinen Kontakt wollen. Einziger Lichtblick ist ein koreanisches Pärchen mit einem kleinen Kind. Sie können ein wenig Englisch und ich spiele und mache ein wenig Quatsch mit dem Kind.
Ich freue mich, als der Zug endlich in Pau ankommt. Mit dem Handy suche ich mir den Weg zum Hotel. Es ist spät geworden und ich möchte nur noch eine Kleinigkeit essen und dann ins Bett.
Pau ist eine ehemalige Königsstadt und Hauptstadt der Provinz Béarn. Die Stadt, die im äußersten Südwesten von Frankreich liegt, genießt eine privilegierte geographische Lage zwischen dem Atlantik und den Pyrenäen und ist nach Toulouse die größte Stadt der Region.
Pau ist der am dritthäufigsten angesteuerte Etappenort der Tour de France nach Paris und Bordeaux. Dies hat die 80.000-Einwohner-Stadt ihrer Lage am Fuße der Pyrenäen zu verdanken.
Auf dem Weg zu meinem Hotel komme ich durch einen Park. Dort wurde 2015 ein -Freilichtmuseum- eingeweiht. Die „Tour des Géants“ erzählt die Geschichte der Tour de France in über 100 spiralförmig angeordneten Stelen, eine für jede Austragung, beschriftet mit den Namen der Sieger.
Im Hotel kann man zu meinem Glück etwas Deutsch. Es gibt ein Restaurant, in dem ich mir ein schönes Bier und einen großen Burger bestelle. Danach falle ich zufrieden und sehr müde ins Bett.
Beim Frühstück wird mir so richtig klar, dass ich wieder in Frankreich bin. Es ist mit einem Wort zu beschreiben: karg. In Frankreich besteht das Frühstück aus getoasteten Brotscheiben vom Vortag, Butter, Marmelade und Kaffee und wenn man Glück hat, einem Glas Orangensaft.
Im Hotel frage ich nach dem Weg nach Navarrenx. Dort hatte unsere Wanderung vor zwei Jahren geendet, als meine Frau das Pilgern auf dem Jakobsweg aufgeben musste. Ich will versuchen, in der gleichen Herberge, in der wir damals übernachtet haben, einen Schlafplatz zu bekommen und von dort meine Pilgerreise zu beginnen.
Der Hotelbesitzer empfiehlt mir den Bus. Die Haltestelle ist direkt in der Nähe.
Nach dem Frühstück gehe ich zur Bushaltestelle und … verpasse den Bus. Auch stelle ich fest, dass das mit dem Bus gar nicht so einfach ist. Es gibt nämlich keinen durchgehenden Bus nach Navarrenx. Ich muss einmal umsteigen und der nächste Bus fährt erst gegen Mittag.
Also gehe ich erst noch durch Pau und versuche, die Zeit totzuschlagen. Pau ist zwar schön, aber das schlechte Wetter nicht. Irgendwann lande ich am Bahnhof und frage einen Taxifahrer nach dem Preis für die Fahrt nach Navarrenx. Er lässt sich von 80 auf 70 € herunterhandeln, was ich immer noch teuer finde. Ich will aber nicht noch länger hier herumsitzen. Also wird schon am ersten Tag mein Reisebudget schwer strapaziert. Irgendwann ist dann mal mehr Sparsamkeit geboten.
Die Fahrt dauert nicht lange und bald bin ich in Navarrenx. Als Erstes suche ich die Herberge von damals und finde sie auch.
Doch schade, es gibt sie zwar noch, aber heute hat sie geschlossen. Von einer Nachbarin werden mir zwei Alternativen vorgeschlagen. Ich bedanke mich und gehe langsam zurück Richtung Stadtzentrum und überlege, was ich nun machen soll. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass es noch nicht sehr spät ist. Meine Teekanne ist voll und auch mein Trinksack ist gefüllt. Also, warum nicht mal sehen, wie weit ich noch komme? Und so starte ich meinen Pilgerweg etwas anders, als ich es vorgehabt hatte.



Nach oben




Baguette und Pilgerstab


Ein Ruf von Cordula lässt mich aus meiner Lethargie erwachen, die mich nur noch langsam einen Fuß vor den anderen setzen lässt. „Hier oben ist es!“ höre ich, ohne etwas zu sehen. Ich nehme einfach nur Cordulas Stimme wahr und meine Füße gehen automatisch in die Richtung. Eine letzte Treppe im Fels und dann: Ein traumhaft schöner wiesenbewachsener Felsvorsprung mit einer kleinen Hütte darauf liegt vor mir und ein gigantischer Ausblick in die französischen Alpen. Ich kann nur noch stehen und staunen und dann ganz, ganz langsam auf die Hütte zugehen.
Eine junge Französin ist schon da, sie hat uns vorhin beim Brombeerenpflücken überholt. Sie erzählt, dass sie locker 40 km am Tag läuft und dass für sie der Jakobsweg eher sportliche Aspekte hat. Nun ja, für mich hat er eine ganz andere Bedeutung, nämlich dem Alltag entfliehen, zur Ruhe kommen, sich selbst und seine eigenen Grenzen besser kennen lernen. Heute war meine körperliche Grenze greifbar nah.
Als wir gerade unsere Sachen auspacken, kommt eine junge Frau herein, sie ist die Betreiberin der Wanderhütte. Sie hat mein Telefonat richtig verstanden und uns aus dem Gasthof im Dorf Essen kommen lassen, was wir uns in der vorhandenen Mikrowelle warm machen können.....und gekühltes Bier gibt es auch. Der liebe Gott hat für uns gesorgt.



Auf dem Weg aus dem Ort hinaus, mitten in einem Wohngebiet, gesellt sich ein hellbrauner struppiger Hund zu uns und läuft einfach mit aus dem Lottal hinaus bergauf. Er ist schon älter, man sieht es an der grauen Schnauze, auch scheint er auf einem Auge blind zu sein. Aber er ist noch sehr gut zu Fuß und läuft ein wenig voraus, wartet aber immer auf uns. Er geht mit bis zum nächsten Ort, wo wir einen Schweizer treffen, den wir auch schon kennen. Der Hund freut sich offensichtlich, ihn zu sehen. Aber dem Schweizer gehört der Hund auch nicht. Er berichtet nur, dass der Hund schon eine ganze Weile mit ihm zusammen läuft. Ein pilgernder Hund, wo gibt es das denn? Auf dem Jakobsweg natürlich.



Jetzt, am frühen Nachmittag, ist es so heiß, dass wir dringend noch einen Pausenplatz im Schatten brauchen. Aber da der Weg momentan nur auf der Straße entlang führt, haben wir gar keine Aussicht, etwas Passendes zu finden. Deshalb biegen wir von der Straße ab, als ein Schild zu einem Dorf weist, das man schon von der Straße aus sehen kann. Kein Mensch ist auf der Dorfstraße und wir gelangen an einen zentralen Platz, wo große Bäume Schatten spenden. Steinerne Mauern laden zum Verweilen ein. Wir setzen uns und packen unsere Vorräte aus, um endlich unsere Mittagspause zu machen. Am Fenster der gegenüberliegenden Schule beobachtet uns ein Kind hinter der Fensterscheibe. Es scheint ein Junge zu sein mit einer dicken Hornbrille auf der Nase. Wir winken und Erich schneidet Grimassen. Der Junge lacht und winkt zurück, aber herauskommen
Als wir fast fertig sind mit unserem Mittagessen, überquert ein älteres, sehr gut gekleidetes Paar den Platz, um zu seinem dort geparkten Auto zu gehen. Wir grüßen freundlich. Als die beiden schon in ihrem Auto sitzen, steigt der Mann plötzlich wieder aus. Er geht wieder über den Platz zurück. Nach einigen Minuten erscheint er mit einer Wasserflasche und einer Bäckertüte vor uns und schenkt uns beides mit den Worten „Buen camino“. Wir sind ganz gerührt über so viel Freundlichkeit und bedanken uns sehr. Er scheint es aber eilig zu haben, steigt in sein Auto und fährt winkend davon.



Nach oben




Das Schaf in der Mülltonne


„Mama, Mama – da ist ein Schaf in unserer Mülltonne!“ Aufgeregt steht Lukas in der Wohnungstür. „Aber Lukas, da ist doch wieder deine Fantasie mit dir durchgegangen“, antwortet seine Mutter ruhig.
„Nein, Mama, du musst mir glauben! Gerade wollte ich doch zu Manuel wegen dem Ferienfußballturnier. Als ich an den Mülltonnen vorbei gegangen bin, kam da ein Geräusch heraus, als ob ein Schaf blökt. Ich hab erst gedacht, ich spinne ein bisschen. Aber dann hab ich doch nachgesehen. Da ist was Wolliges drin und es blökt - wirklich, Mama!“
„Wie soll das Schaf denn da rein gekommen sein? Ich glaube, wir gehen gleich mal gemeinsam nachsehen.“ Lukas Mutter bindet ihre Küchenschürze ab, geht in die Küche und schaltet den Herd aus, auf dem sie gerade Himbeermarmelade kocht. „Na dann komm, wir gehen mal runter“, sagt sie. Lukas flitzt an der Mutter vorbei die Treppe hinunter. „Da, Mama, da vorn in der ersten Mülltonne an der Straße!“ Vor dem großen Mietshaus stehen eine ganze Reihe große Mülltonnen, es wohnen viele Leute hier. Man hört es tatsächlich: „Möööh“, macht es deutlich. „Siehst du, jetzt hörst du es auch, ich habe gar nicht zu viel Fantasie!“ Lukas ist ein bisschen stolz auf seinen Beweis. Die beiden klappen den Deckel der letzten Mülltonne hoch und darin steckt, völlig zusammengedrückt, wirklich ein Schaf, sieht sie blöd an und macht: „Möööh!“
Da kommt Lukas` Freund Manuel um die Ecke. „Lukas, Lukas! In unserer Mülltonne ist ein Schaf! Das musst du mir glauben, ich spinne nicht! Und bei Kati vor dem Haus auch!“ Da kommt auch Kati angerannt mit ihrer Mutter im Schlepptau. Und dann stehen sie alle auf der Straße und wissen gar nicht, was sie jetzt machen sollen.



Nach oben




Auf dem Weg der Muschel

Reisebericht vom Jakobsweg durch Deutschland und die Schweiz


Die Männer laufen noch ein Stück mit uns gemeinsam und verabschieden sich unterhalb des Gipfels, denn wir wollen natürlich hinauf auf den Gipfel und unseren Lohn für 220 Kilometer Wanderung sehen: Den Bodensee. Bei Nebel und Dunst in der Luft ist das allerdings recht fraglich. Aber wir erklimmen trotzdem den Gipfel und erleben einen einzigartigen Moment: Wir sehen ihn im Nebel zwar nur schemenhaft, aber wir sehen ihn, den Bodensee! Ich werfe meine Stöcke in die Luft und rufe laut: „Wir haben es geschafft!“ Die wenigen Leute, die im Biergarten sitzen, sehen sich erstaunt um. Wir holen uns am Kiosk das gefühlt teuerste Radler Österreichs und essen unser Brot und unseren Käse, bleiben sitzen, bis es kalt wird. Es ist unbeschreiblich schön, wirklich anzukommen, am Ziel, das man sich vorgenommen hat. Es macht stolz und sehr glücklich, ein tolles Erlebnis! Jetzt ist es egal, wie wir herunter kommen nach Bregenz, unser Ziel haben wir erreicht. Also nehmen wir die Bergbahn, es ist die letzte heute, sie nimmt uns noch mit ins Tal.



Es ist fast Mittag, die Sonne brennt unerbittlich wie im Hochsommer und meist sind es Asphaltwege, die uns schon bald endlos erscheinen. Nach zwei Stunden sehen wir in der Ferne einen See. Als wir auf der Karte nachsehen, entdecken wir, dass das der Sihl-See ist und das Dorf am Ufer dummerweise nicht Einsiedeln. Der Weg führt rechts an See und Dorf vorbei und nach einer weiteren halben Stunde sehen wir die Türme des Klosters Einsiedeln. Das riesige Klostergebäude beherrscht das Stadtbild. Seit dem 14.Jahrhundert fanden bereits Wallfahrten nach Einsiedeln statt. Während des Spätmittelalters kamen die Pilger sogar aus Norddeutschland und den Niederlanden. Bis heute ist Einsiedeln der religiöse Mittelpunkt der Schweizer Katholiken. Die Pilger kamen und kommen heute noch zur sogenannten Schwarzen Madonna von Einsiedeln, die wirklich außergewöhnlich und sehr schön ist.



Nach oben




Die Zauberfreunde Band 2

Ferien bei Olli und Jule


Dann fasst er in seine Jackentasche und zieht ein Notizbuch und einen Stift heraus, reißt einen Zettel heraus und schreibt etwas darauf. Dann gibt er Olli den Zettel und sagt: „Das ist eine Einladung des Zoodirektors zum Elefantenreiten, Kamelreiten und für eine Bootsfahrt auf dem See. Ihr braucht nur den Zettel vorzuzeigen. Ich wünsche euch viel Spaß und ich finde das ganz toll, wie ihr euch für eure Freunde einsetzt!“ Damit geht er winkend davon. Die Freunde sehen sich lachend an, das war ja eine tolle Sache! Dann schwärmen sie aus zum Streicheln der Ziegen, Meerschweinchen und Esel. Jule hat Möhren, Äpfel und altes Brot für die Tiere mitgebracht, sie muss die Kleineren bremsen, damit für die anderen Tiere auch noch etwas übrig bleibt. Plötzlich ruft Karolina: „Seht mal da hinten, da sind die Elefanten!“ Alle drehen sich um und sehen in die Richtung von Karolinas Finger.



Nach oben




Traumstunden


Ich blinzle ins Dunkel und erkenne...einen Raben. Er sieht bedrohlich groß aus. Der Rabe klappert mit dem Schnabel und legt den Kopf schief, um mich besser betrachten zu können. Was will dieser Vogel von mir? Was soll ich nur tun, wenn er mich angreift? Ich sitze schließlich auf einer wackeligen Wolke.
Ein bisschen wippt er rauf und runter und breitet ab und zu die Flügel aus, um das Gleichgewicht zu halten. Er sieht mich mit seinen schwarzen Knopfaugen an und sagt: "Wer bist du denn?" Ängstlich nenne ich meinen Namen.
Der Rabe deutet mit seinem Schnabel auf den Rücken: "Bitte sehr, Nico, umsteigen ist auch in der Reise mit drin."
Ich sehe den Raben noch immer ein wenig ängstlich und verwirrt an. "Was willst du von mir, lass mich doch auf der Wolke sitzen, ich möchte nirgendwohin fliegen, nur so rings herum und dann wieder nach Hause!" "Aber die Wolkenprinzessin besteht darauf, jeden kennen zu lernen, der in ihr Wolkenreich kommt! Ich bin dafür zuständig, dich zu ihr zu bringen."



Wir überlegen hin und her, wie es noch weiter gehen könnte. Da fällt mir ein, dass ich doch jemanden fragen wollte, der wissen muss, wo man am besten nach einem Nebelstab sucht. Natürlich, der Rabe. Er muss doch dabei gewesen sein, als sie ihn verloren hat. Aber wie findet man einen Traumraben wieder?
#Hanna hat auch keine richtige Idee, aber wir beschließen, dass ich versuchen soll, mit diesen beiden Anhaltspunkten weiterzuträumen. "Ich bin schon ganz gespannt, was du morgen erzählen wirst," sagt Hanna. Ich schärfe ihr noch mal ein, dass das Ganze unter uns bleiben muss.
Inzwischen sind wir wieder im Dorf und Hanna muss nach Hause. Ich gehe mit Ferdi langsam auf unser Haus zu.
Als ich abends im Bett liege, bete ich für meinen Fortsetzungstraum und sehe noch eine Weile aus dem Fenster in den wolkenlosen Sternenhimmel. In der Nacht wache ich kurz auf und stelle fest, dass ich gar nicht geträumt habe. "Schade," denke ich noch und schlafe wieder ein.



Nach oben




Zu Fuß von Augsburg nach Bregenz


Um zehn vor acht versuchen wir am Rathausplatz ein offenes Cafe zu finden, mit Erfolg. Vor der Tür stellt eine junge Frau gerade die Stühle heraus, es soll ein schöner Tag werden heute. Auf die Frage, ob das Cafe schon auf hat, meint sie: "Nein, aber in 10 Minuten machen wir auf!" Wunderbar, wir dürfen uns schon hinein setzen und sind dann die ersten Gäste, bestellen Frühstück, freuen uns auf unsere Reise und beraten, wie wir am besten unseren Wanderweg aus Augsburg heraus finden. Wir fragen die Bedienung, in welche Richtung der Stadtteil Göggingen ist und die Wellenburger Allee. Ihre Antwort: "Da können Sie nicht hin laufen, da müssen sie die Straßenbahn Nr.1 nehmen!" Wir erklären ihr, was wir vor haben und dass wir noch weiter als bis Göggingen laufen wollen. "Das hab ich ja noch nie gehört, dass jemand so etwas macht. Da hätte ich Ihnen wohl besser viermal großes Frühstück bringen sollen!"
Gestärkt geht's weiter nach Loppenhausen. Am Ortseingang lockt ein Pflaumenbaum mit reifen Früchten, Erich pflückt. Plötzlich geht am gegenüberliegenden Haus die Tür auf, wir erschrecken und denken, dass wir jetzt Ärger bekommen wegen der geklauten Pflaumen. Ein Mann mittleren Alters kommt heraus: "Ach so, ihr seid Wanderer, bedient euch ruhig und nehmt soviel ihr möchtet!" Er bietet uns auch noch frisches Wasser für den Hund an, aber wir brauchen gerade kein Wasser, unsere Flaschen sind noch gut gefüllt. Wir sind sehr erleichtert und die Pflaumen sind ausgesprochen lecker. Einige Meter weiter vor der Kirche treffen wir eine alte Frau, auch sie spricht uns an und wir müssen erklären, wo wir herkommen und wo wir hin wollen. Wir unterhalten uns eine Weile mit ihr, dann wünscht sie uns noch einen schönen Tag, steigt auf ihr Fahrrad und radelt davon. Nette Menschen gibt es in Loppenhausen!



Nach oben




Die Zauberfreunde


Heute ist so ein Regenwetter! Jules Oma sagt: "Das ist ja ein Sauwetter da draußen ! Bleibt lieber zu Hause, ihr werdet bloß klitschnass!" "Wir könnten ja mal Sonnenschein zaubern", kichert Jule. "Aber zaubern ist doch eine gute Idee, vielleicht schaffen wir es ja, besseres Wetter zu zaubern!" meint Olli. " Wir könnten mal bei meinem Vater in der Bibliothek stöbern, ob wir ein Zauberbuch finden, weißt du, so eins wie die kleine Hexe hat! Dann könnten wir es ja mal versuchen! Das macht bestimmt Spaß!" Ollis Vater hat einen ganzen Raum, der nur aus Bücherregalen besteht, vom Boden bis zur Decke, das ist die Bibliothek.
Der Vater grinst. "Es macht mir auch mal Spaß, euch ein bisschen auf die Folter zu spannen! Wartet es ab! Jule muss erst mal ihre Oma fragen, ob sie Samstag und Sonntag mit uns mitfahren darf. Am besten sagst du ihr, Jule, dass sie mich heute Abend mal anrufen soll." Jule ist völlig aufgeregt, ihre Stimme klingt schon ganz piepsig. "Wie? - Samstag u n d Sonntag? Müssen wir da auch schlafen? Aber wenn es doch eine Hexe oder ein Zauberer ist, dann hab ich Angst! Da will ich nicht schlafen!" Die Neugier geht doch mit ihr durch und sie fügt hinzu:.....hmm, naja, wir wollen ja nur mal ein bisschen das Buch übersetzt haben und ein kleines bisschen zaubern lernen,...vielleicht -... da schlafen will ich aber nicht!"
"Ohweia", meint Olli, "wir haben doch Uromi versprochen, dass wir im Stall helfen! Komm, Jule, wir beeilen uns! Tschüss, wir kommen morgen wieder!" Und dann rennen sie durchs Dorf. Plötzlich bleibt Jule stehen und ruft: "Olli, bleib mal stehen! Sieh mal!" Sie zeigt mit dem Finger auf ein buntes Plakat, das an einem Gartenzaun hängt. ‚Zirkus Zaubernuss' steht darauf und ‚Gastspiel vom 06. bis 13. Juli auf dem Dorfanger'.



Nach oben




Und was ich dir noch sagen wollte

Regenwurmgeschichte


Als die drei Regenwurmkinder nach draußen kommen, sehen sie schon, wie ihre Mutter sich in einer großen Pfütze wälzt. "Kinder,ist das herrlich, kommt nur rein!" Berta und Alois lassen sich auch hinein kullern und plantschen lärmend herum. Kurt hält vorsichtig sein Hinterteil hinein, ein angenehm kühles Gefühl ist das, aber auch ein Kribbeln steigt durch seinen Körper, er lässt sich noch etwas tiefer hinein rutschen, plötzlich fühlt sich das Wasser ganz heiß an und wieder kalt, Kurt kriecht erstmal wieder raus aus dem Wasser. Es juckt vom Kopf bis zur Schwanzspitze, er windet sich auf dem Boden hin und her, um den Juckreiz los zu werden, inzwischen sieht er aus wie ein paniertes Regenwurmschnitzel, er ist rundherum mit Sand bedeckt.
"Aber,aber," antwortet die Biene, "wie soll ich denn meine Arbeit machen?" "Gar nicht mehr arbeiten und den Blütenstaub meiden!" "Aber das geht doch gar nicht, was soll ich denn essen?" "Etwas, was keinen Blütenstaub enthält! So und jetzt geht mal, ich habe jetzt Mittagspause." Der dicke Dr. Mistkäfer verschwindet brummelnd in seinem Misthaufen. " Huuuuuuh," heult die kleine Biene los, "was soll ich denn nur machen?" Kurt nimmt Nora, die kleine Biene, mit nach Hause, seine Mutter hat gerade warmen Kakao gemacht und lädt sie ein, in ihre Küche zu kommen. Sie berichtet schluchzend, dass sie sich gar nicht mehr nach Hause traut, wenn sie nicht zum Lebensunterhalt beitragen kann wie alle anderen Bienen.



Nach oben




Nach oben